FAQ - Vielgefragte Vorurteile

Hier möchte ich mit einigen Vorurteilen gegenüber Windelfrei und Stoffwindeln aufräumen. Denn jedes Mal, wenn das Gespräch auf diese beiden Themen kommt, wehren viele ab und nennen diese "Gründe" oder stellen diese Fragen: 

Töpfchen in dem Alter? So frühes Töpfchentraining ist doch schädlich

Puh, gleich so viele Vorurteile auf einmal! Windelfrei ist kein Töpfchentraining! Es geht um die Kommunikation und darum, dem Kind anzubieten, sich außerhalb der Windel zu erleichtern. Darüber zu kommunizieren ist ihnen genauso angeboren, wie bei Hunger oder Müdigkeit. In (Natur-)Völkern, die keine Windeln nutzen und die ihre Babys viel tragen, funktioniert es bis heute. Wir, die Windelnutzer, haben allerdings verlernt, darauf zu hören bzw. wissen es einfach nicht mehr, weil auch unsere Eltern von dieser Art der Kommunikation nur sehr selten Gebrauch gemacht haben. Wir sind die erste Generation junger Eltern, die selbst überwiegend mit Wegwerfwindeln gewickelt wurde. Unsere Eltern können uns das Wissen darüber nur noch selten weitergeben; in diesem Punkt fehlen uns einfach die Vorbilder, die "Windelfrei" und das Abhalten zur Normalität machen.

Das "Schlimme" an dem "schädlichen"/"bösen" Töpfchentraining war, dass die Kinder gezwungen wurden, zu Zeiten das Töpfchen zu nutzen, die von den Erziehern vorgegeben wurden. Windelfrei nutzt viele Wege, um auf die individuellen Bedürfnisse einzugehen, richtet sich nach dem Kind und dessen Rhythmus und wenn es nicht möchte oder kann, dann ist es auch kein Problem. Es zeigt in dem Moment nur, dass etwas anders wird. Vielleicht kann es nun etwas selbst? Sitzen oder Hinlaufen... Oder sein natürlicher Rhythmus hat sich verändert, weil sein Blasenvolumen angewachsen ist und sein Beckenboden trainierter ist. 

Ein kleiner Vergleich gegen das schlechte Gewissen, das sich trotz allem vielen aufdrängt: Wenn wir etwas zu Essen zubereiten und mit unseren Kindern essen möchten, bieten wir es auch an, ohne dass sie vorher explizit "Hunger" gesagt haben. Wenn sie doch keinen Hunger haben, dürfen sie auch wieder aufstehen oder wir fragen nach, ob sie wirklich nichts wollen, weil sie schon so lange nichts gegessen haben. Wir helfen ihnen auch, wenn sie etwas noch nicht auf den Löffel oder die Gabel bekommen ohne uns Gedanken darüber zu machen. 

Windelfrei? Trägt dein Kind dann etwa keine Windel?

Das kommt darauf an. Ich ermögliche dem Kind, sich außerhalb der Windel zu erleichtern und das unabhängig davon, ob es eine Windel trägt oder nicht. "Windelfrei" bedeutet sich frei von der Abhängigkeit der Windel zu machen. Ob man dann eine als "Backup" trägt oder nicht, ist jedem selbst überlassen. 

Wir haben nicht innerhalb der ersten Monate angefangen. Ist es jetzt zu spät?

Nein, es ist nie zu spät, man geht es nur ein bisschen anders an, weil man die Gewöhnung an die Windel miteinbeziehen muss. Aber das dauert nicht lang und windelfrei "funktioniert" auch für ältere Babys. 

Wie macht man das dann unterwegs?

Wie macht man das denn später mit Kleinkindern? Was macht man, wenn es im Auto/beim Einkaufen/auf dem Spielplatz muss? Natürlich! Man bleibt stehen, sucht einen passenden Ort und los geht's. Man macht sich nur ein bisschen eher Gedanken darüber. Und "Windelfrei-Kinder" können schon erstaunlich lange aushalten, wenn sie sich irgendwo unwohl fühlen. Und wenn es doch mal nicht passt oder das Kind sich unterwegs nicht entspannen kann, dann hält man eben unterwegs nicht ab und benutzt eine Windel.

Windelfrei geht nur ganz oder gar nicht und dazu habe ich nicht genug Zeit

Windelfrei geht prima auch nur "Teilzeit" und lässt sich in jeden Tagesablauf integrieren. Dabei ist alles möglich: nur zu Hause, nur bei Mama, nur das große Geschäft, nur nach dem Aufstehen,... Ein Mal am Tag abhalten hilft das Körpergefühl zu behalten und erleichtert den Zwergen später den Abschied von der Windel.

Zeitlich macht es auch kaum einen Unterschied. Wenn ein Baby schreit, wiegt man es, streichelt es, trägt es umher,... Bei vielen ist das Unwohlsein aber eigentlich das Ausscheidungsbedürfnis und würde man stattdessen einfach abhalten hätte man genauso viel Zeit verbracht. Gerade beim Einschlafen "verschiebt" die Nähe des Tragens das Bedürfnis, sodass man nach erfolgreichem Beruhigen oft 10 min später schon wieder gerufen wird.

Selbst wenn man nicht regelmäßig abhält, ist es schön zu wissen, was man noch probieren könnte, wenn man schon alles ausprobiert hat.

Stoffwindeln sind doch auch wahnsinnig viel Aufwand, oder?

Das Waschen und Trocknen von 2-3 zusätzlichen Maschinen pro Woche könnte man als Aufwand sehen. Allerdings hat man diese auch, wenn man das Baby komplett umziehen muss, weil wieder einmal die Windel ausgelaufen ist. Entscheidet man sich auch noch für Windelfrei, wird die Wäschemenge zusätzlich relativiert.

Stoffwindeln anlegen ist kompliziert

Eine Stoffwindel kann jeder anlegen. Komplettwindeln (All-in-Ones) sind wie Wegwerfwindeln  anzulegen. Entscheidet man sich für eine Variante mit Mullwindeln, muss man zwar etwas falten, aber auch das ist nur Übungssache.

Den Überblick zu behalten bei den verschiedenen Materialien, Systemen und Anbietern ist v.a. am Anfang schwierig. Aber da stehe ich gern für Fragen zur Verfügung.

Mit Stoffwindeln hat mein Kind so ein großes Windelpaket, ist das nicht schädlich?

Die Größe des "Pakets" bestimmt man selbst. Große Pakete halten auch sehr lang, wenn es sein muss auch die berüchtigten 12 Stunden in der Nacht. Mit ein bisschen Probieren mit den richtigen Materialien können aber auch kleinere "Pakete" 3 - 4 Stunden halten. Ob man das möchte, ist eine andere Frage. Es verdeutlicht aber, wie viel "Chemie" nötig ist, um eine Wegwerfwindel im trockenen Zustand so klein und dünn erscheinen zu lassen.

Gerade bei Neugeborenen sehen Stoffwindeln anfangs unverhältnismäßig riesig aus. Aber das breite Wickeln wirkt sich positiv auf die Hüftreifung aus. Wenn sie mobiler werden, hat sich das Verhältnis meist relativiert. 

O-Beine hat jedes Kind. Das verwächst sich mit der Zeit, ist nicht bedenklich und kommt nicht vom Wickeln mit Stoffwindeln.

Stuhlgang in der Windel ist doch eklig!

Muttermilchstuhl ist wasserlöslich. Das schon mal vorweg. Windeln mit Stuhlgang von voll gestillten Kindern können einfach in die Waschmaschine und die erledigt den Rest. Aber unbedingt vorher einen Waschgang "Spülen, Schleudern" oder eine Vorwäsche mit Abpumpen machen. Wenn nach dem Waschen noch Flecken drin sind, sind sie nicht dreckig, sondern lediglich verfärbt. Einfach feucht in die Sonne legen und Staunen!

Ab Beikost-Beginn legt man dann einfach ein Windelvlies mit hinein, das kommt dann mit dem aufgefangenen Stuhl in den Müll.

 

"Windelfrei" - Eltern halten aber oft v.a. den Stuhlgang "erfolgreich" ab, sodass sie sich über dieses "Problem" kaum Gedanken machen müssen. 

Lohnt sich denn der Umstieg noch?

Ein Umstieg lohnt sich eigentlich immer. Man kann Windeln gebraucht kaufen oder später verkaufen, wodurch sich die Investitionen für die Windeln in Grenzen halten. Wenn man selbst mehrere Wickelkinder hat lohnt es sich natürlich ebenfalls.

Auch für ältere Kinder, die z.B. nur noch nachts eine Windel tragen, kann eine Stoffwindel eine lohnende Investition sein, va wenn die Windel immer öfter am Morgen trocken bleibt.

Fürs "Windelfrei" ist es der Traumpartner, da Wegwerfwindeln häufig dem An- und Ausziehen beim Abhalten nicht standhalten.